Was ist eine ANOVA?

20. August 2020

ANOVA ist ein Kofferwort und steht für Analysis of Variance. Somit wird in einer ANOVA die Streuung einer abhängigen Variablen untersucht. Dabei wird geschaut, ob und wie stark sich der Mittelwert eine abhängige Variable in Abhängigkeit zu einer oder mehrerer kategorialer Variablen verändert. Sie beruht ebenso wie die lineare Regression auf der Formulierung eines additiven Modells, wobei die unabhängigen Variablen hier als Faktorstufen (Gruppierungen) modelliert werden und geschätzt wird, ob sich der Mittelwert in den einzelnen Faktorstufen signifikant unterscheidet. Im ersten Schritt wird simplerweise eine Vergleichstabelle aller Mittelwerte und zugehöriger Standardabweichungen und weiterer Statistiken ausgegeben. Hier kann man meist bereits schon grob abschätzen welche Gruppen zu einer signifikanten Mittelwertdifferenz führen. Die ANOVA beruht auf dem Prinzip der Streuungszerlegung. Das heißt es wird geschaut ob die Streuung innerhalb der Gruppen und zwischen den Gruppen signifikante Einflüsse auf die Differenz der Mittelwerte besitzt. Mit Spezifizierungen des Modells und weiterer Testverfahren, ist es auch möglich zu schauen ob einzelne Faktorstufen für ein signifikantes Ergebnis sorgen. Da im einfachen Modell nur geschaut wird ob eine Gesamtabweichung aller Gruppen gibt. Ebenso müssen bei Annahmenverletzungen robuste Testverfahren angewandt werden, um eine korrekte Aussage zu garantieren.

Im Folgenden habe ich einzelne Auszüge aus einer meiner Seminararbeiten aufbereitet, um einmal ein praktisches Beispiel anzubringen, das wohl jedem verständlich ist und die benannten Punkte abdeckt. In der Seminararbeit habe ich einen theoretischen Rahmen aufgestellt, um Fremdenfeindlichkeit Europäischer Staatsbürger und ihre Wahrnehmung auf Immigranten im Jahr 2017 in Europäischen Staaten zu vergleichen. In den Sozialwissenschaften ist die Integration- und Migrationsforschung ein weites Feld und bindet sozialpsychologische Annahmen häufig in ihrem Modellen mit ein. Es sei darauf hingewiesen, dass hier der Fokus auf der Vorstellung der Methode ist und nicht auf der vollständigen theoretischen Schlussfolgerung. In der ursprünglichen Arbeit sind weitere multivariate Verfahren zum tragen gekommen, um die eigenliche Fragestellung zu beantworten.

Einwanderungsdynamik und Wahrnehmung von Abstammung und Nationalismus im europäischen Vergleich

Eine statistische Analyse des Zusammenhangs von Fremdenfeindlichkeit, politischer Einstellung und ethnischem Nationalismus mit der Ablehnung von Einwanderung im europäischen Süden, Norden und Osten im Jahr 2017/18 auf der Grundlage der European Values Study

Anwendungsbeispiel (Auszüge aus einer meiner Seminararbeiten, Note: 1,3)

Die folgende Analyse befasst sich mit Unterschieden in der Wahrnehmung von Einwanderung als Bedrohung und ihren potenziellen Erklärungsfaktoren in europäischen Regionen. In einem ersten Schritt wurden alle relevanten Indikatoren für die theoretischen Konstrukte korreliert, um festzustellen, ob die Messungen für eine Vorhersage geeignet sind. Darüber hinaus wurde eine Reliabilitätsanalyse mit Crohnbachs Alpha durchgeführt (Hier nicht abgebildet). Die Grundbedingungen normalverteilter Variablen sind für die meisten unabhängigen Variablen, aber insbesondere für die abhängige Variable gegeben. In einem zweiten Schritt wurde eine ANOVA durchgeführt, um zu überprüfen, ob die Wahrnehmung der Einwanderung als Bedrohung zwischen drei der aggregierten europäischen Regionen (Süden, Mitte, Osten) signifikant variiert. Die Region Nordeuropa wurde ausgeschlossen, da es nur ein Land (Island) im pre-release Datensatz 2017/18 enthielt.

Hypothesen

Unterschiede zwischen Regionen

Als erster Schritt zur Aufdeckung der Unterschiede zwischen den Regionen wurde eine Varianzanalyse modelliert.

Der F-Test ergab hochsignifikante jedoch sehr geringe Unterschiede der Mittelwerte zwischen den süd-, mittel- und osteuropäischen Regionen (F=306.628, df=2; sig=.000). Da der Süden nur zwei Länder als Beobachtungen enthält und der Levene-Test auf Varianzhomogenität signifikant ist, wurde zusätzlich auf den robusten Brown-Forsythe-Test zurückgegriffen.

Dieser bestätigt das erste Ergebnis hochsignifikanter geringer Mittelwertdifferenzen zwischen den drei europäischen Regionen (F=292.929, df1=2 df2=8858.351; sig=.000) trotz unterschiedlicher Varianzen aufgrund der Gruppengrößen. Aufgrund der ungeleichen Gruppenvarianzen und um zu überprüfen, welche Gruppen einen signifikanten Einfluss auf das Gesamtmodell haben wurde der Games-Howell-post-hoc-Test angewandt, der die ersten beiden Testergebnisse mit hochsignifikanten geringen Mittelwertunterschieden zwischen allen der drei europäischen Regionen bestätigt.

Die südlichen Staaten weisen mit 5,5 den geringsten mittleren Wert auf und weichen nach unten vom Gesamtmittel ab. Mitteleuropäische Staaten weisen einen mitteleren Wert von 6,07 auf (ebenfalls geringer als das Gesamtmittel) und osteuropäische Staaten den höchsten Wert mit 6,67 (höher als das Gesamtmittel). Alle drei Regionen weisen jedoch nur eine geringe Abweichung vom Gesamtmittel 6,33 auf der Bewertungsskala auf und besitzen jeweils eine durchschnittliche Abweichung von 2,35 Skaleneinheiten.

Die Unterschiede zwischen den europäischen Regionen hinsichtlich der Wahrnehmung von Einwanderung als Bedrohung sind demnach nicht bedeutend groß. In allen drei Regionen sehen Befragte Einwanderung nur mäßig als Bedrohung an, wobei die Streuung innerhalb der Gruppen erheblich groß um etwa 2 Skaleneinheiten schwankt. Schlussfolgernd lässt sich festhalten, dass Befragte in allen drei evaluierten Europäischen Regionen 2017 Einwanderer tendenziell mäßig als Belastung für den Wohlfahrtsstaat wahrnahmen. Ebenso wurde mäßig davon ausgegangen, dass Einwanderer die Kriminalitätsrate im Land erhöhen würden sowie den Bürgern die Arbeitsplätze wegnähmen. Obwohl die mittleren Differenzen zwischen den europäischen Regionen signifikant vorhergesagt werden können und Unterschiede bestehen, sind diese nur wenig vorhanden und werden tendenziell überbewertet, geht man davon aus, es bestehen Unterschiede zwischen den Regionen.

Untersucht man die Korrelationen zwischen den verwendeten erklärenden Variablen und der abhängigen Variable (Tabelle 1), so zeigt sich, dass Faktoren des ethnisch-religiösen Nationalismus und des Vertrauens in Ausländer sowie Fremdenfeindlichkeit und politische Präferenz am stärksten mit der Wahrnehmung von Einwanderung als Bedrohung signifikant korrelieren. Allerdings ist die Korrelation in allen Fällen schwach bis mäßig.

ethnic- religious nationalism Trust xenophobia dummy
corr ,275 -,231 ,133
sig ,000 ,000 ,000
n 22071 20750 21686
Pearson’s r and Spearman’s ρ Korrelation zwischen Immigration als Bedrohung und dem ersten Variablenblock.

Beantwortung der Hypothesen zur regionalen Variation der Wahrnehmung von Einwanderung als Bedrohung

Was die ersten beiden Hypothesen betrifft, so kann die Annahme akzeptiert werden, dass die Wahrnehmung der Einwanderung als Bedrohung unterschiedlich ist, wobei die negative Wahrnehmung von Süd- nach Mittel- und von Mittel- nach Osteuropa zunimmt. Die Annahme mittlerer Unterschiede zwischen den europäischen Regionen hinsichtlich der negativen Wahrnehmung kann jedoch nur teilweise bestätigt werden, da nur geringe Unterschiede bestanden. Korrelationstests ergaben, dass die ersten beiden Variablen des ersten Blocks auf einem signifikant moderaten Niveau mit der Wahrnehmung von Einwanderung als Bedrohung verknüpft sind. In Tabelle eins kann man sehen, dass sowohl ethnisch-religiöser Nationalismus als auch Misstrauen gegenüber Ausländern signifikante negative Auswirkungen auf die Wahrnehmung als Bedrohung haben. Wenn die Befragten Einstellungen von ethnisch-religiösem Nationalismus und/oder Misstrauen gegenüber Ausländern angaben, dann erhöht dies die ´Angabe einer negativen Wahrnehmung von Einwanderung. Fremdenfeindlichkeit hat jedoch nur schwache negative Auswirkungen auf die Einwanderungswahrnehmung. Wenn europäische Befragte fremdenfeindliche Einstellungen gegenüber Einwanderern, Muslimen, Juden oder Menschen anderer ethnischer Herkunft angeben, nehmen sie Einwanderung häufiger als Bedrohung für die gesellschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf Wohlfahrt, Kriminalitätsrate und Arbeitsmarkt wahr. Der Chi²-Test nach Pearson wurde angewandt, um die stochastische Unabhängigkeit zu testen, um festzustellen, wie gut das Modell und die Beobachtung wirklich passen. Der Chi²-Test ist hochsignifikant (.000), so dass die Nullhypothesen aller drei Fälle, dass Einwanderung als Bedrohungswahrnehmung und ethnisch-religiöse Einstellungsfaktoren des Nationalismus in Europa stochastisch unabhängig sind, zurückgewiesen werden können, und als wichtige Erklärungsfaktoren angesehen werden.

Fraglich bleibt:Wie führe ich eine ANOVA selbstständig durch? Worauf muss ich genau achten? Wann muss ich welchen Post hoc Test durchführen und wie interpretiere ich die Ergebnisse? Wann und wofür führe ich eine Analyse mit Crohnbachs Alpha durch?

Gemeinsam können wir diese Fragen und weitere gerne beantworten. Schreibe mir einfach eine Mail.